Gerhard Lotz
Gerhard Lotz (* 22. April 1911 in Altenburg; † 10. Dezember 1981 in Eisenach) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Kirchenjurist und Funktionär der Blockpartei CDU der DDR.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lotz erwarb nach dem Besuch des Gymnasiums in Eisenach 1928 seine Hochschulreife. Danach studierte er Evangelische Theologie, Philosophie und Jura an den Universitäten Frankfurt am Main, Göttingen, Leipzig und Königsberg. Im Jahr 1934 legte er das Erste juristische Staatsexamen ab. Danach wurde er zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert an der Universität von Königsberg, wo er als Assistent an der Fakultät für Rechts- und Staatswissenschaft angestellt war. 1938 absolvierte er das Zweite juristische Staatsexamen und trat anschließend in den Dienst der Thüringer evangelischen Kirche. Im Jahr 1940 wurde er zum Kirchenrat ernannt. Seit 1942 war er Angehöriger der Wehrmacht und geriet zuletzt im Rang eines Leutnants in Kriegsgefangenschaft.
Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde Lotz 1946 Oberkirchenrat und Leiter der Rechtsabteilung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, seit 1948 stellvertretender Vorsitzender des Landeskirchenrates und Mitglied der Thüringer Synode. 1969 trat er in den Ruhestand.
In der Zeit der Spruchkammerverfahren zur kirchlichen Entnazifizierung sprach er sich gegen eine Wiederübernahme NS-belasteter Theologen in den Kirchendienst aus. Als dem durch antisemitische Forschungen hervorgetretenen Theologieprofessor Walter Grundmann wieder eine Pfarrstelle übertragen werden sollte, bemerkte er auf einer Sitzung des LKR:
„Er hat als Leiter des Entjudungsinstitutes den ‚Rassismus‘ in der Kirche verfestigt, ausgebaut und wissenschaftlich unterlegt.“[1]
Lotz arbeitete seit 1955 als inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit unter dem Decknamen IM „Karl“.[2] Bei kirchenpolitischen Beratungen und Beschlüssen suchte er durch Information und Absprache die Zustimmung der staatlichen Stellen zu erlangen. Zusammen mit Landesbischof Moritz Mitzenheim entwarf und verfolgte er den sogenannten „Thüringer Weg“, der auf eine Zusammenarbeit mit dem SED-Staat setzte. Er gehörte zum „Weimarer Arbeitskreis“, in dem sich Theologen und Kirchenmitglieder zu Gesprächen über den Standort der Kirche in der DDR zusammen fanden.
Nach ihrer Gründung wurde er Mitglied der CDU und bald danach Mitglied des Bezirksvorstands Erfurt seiner Partei. Im Jahr 1956 wurde er in den Hauptvorstand gewählt. Daneben war er Mitglied des DDR-Friedensrates und arbeitete auch im Weltfriedensrat. Mit ihrer Gründung wurde er Mitglied in der Christlichen Friedenskonferenz. 1965 wurde er Vizepräsident des DDR-Friedensrates. Von 1967 bis 1976 war er mit dem Mandat der CDU der DDR Mitglied der Volkskammer. Lotz gehörte zu den CDU-Abgeordneten, die 1972 gegen die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches in der DDR stimmten.[3]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutsche Friedensmedaille, 1958
- Vaterländischer Verdienstorden in Bronze 1959
- Vaterländischer Verdienstorden in Silber 1965[4]
- Stern der Völkerfreundschaft in Silber 1976
- Vaterländischer Verdienstorden in Gold 1981[5]
- Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Friedrich-Schiller-Universität Jena 1969
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Moritz Mitzenheim, Berlin: Union Verlag 1966
- Evangelische Kirchen in der D[eutschen] D[emokratischen] R[epublik] – Standort und Weg / Unterthema 2. Kirchlicher Dienst für Sicherheit in Europa, 1972
Als Herausgeber
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Moritz Mitzenheim: Politische Diakonie. Reden, Erklärungen, Aufsätze 1946–1964, Berlin: VOB Union Verl., 1964
- Aimé Bonifas: Häftling 20801. Ein Zeugnis über die faschistischen Konzentrationslager, 1968
- Moritz Mitzenheim: Aus christlicher Verantwortung, Berlin: Union-Verl. VOB, 1971
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehrhart Neubert: Lotz, Gerhard. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Clemens Vollnhals: Oberkirchenrat Gerhard Lotz und das Ministerium für Staatssicherheit. Zur IM-Akte „Karl“, in: Deutschland-Archiv 27 (1994), S. 332–336
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Gerhard Lotz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die Kirche, gehorsamer Diener des Staates, Die Welt, 11. September 1996
- Opposition bringt nichts, Das geheime Leben des ostdeutschen Oberkirchenrats "Karl" alias Gerhard Lotz, Der Spiegel, 22. Juni 1992
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Thomas A.Seidel (Hrsg.): Thüringer Gratwanderungen. Beiträge zur fünfundsiebzigjährigen Geschichte der evangelischen Landeskirche Thüringens, S. 177, Anm. 48, ISBN 3-374-01699-5
- ↑ Vgl. Neubert: Lotz, Gerhard.
- ↑ Klaus Roßberg: Das Kreuz mit dem Kreuz. Ein Leben zwischen Staatssicherheit und Kirche (Aufgezeichnet von Peter Richter). Berlin: Edition Ost, 1996. ISBN 3-929161-60-5, S. 74.
- ↑ Neue Zeit, 7. Mai 1965
- ↑ Berliner Zeitung, 2. Mai 1981, S. 4
Personendaten | |
---|---|
NAME | Lotz, Gerhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kirchenjurist und Politiker (CDU der DDR), MdV |
GEBURTSDATUM | 22. April 1911 |
GEBURTSORT | Altenburg |
STERBEDATUM | 10. Dezember 1981 |
STERBEORT | Eisenach |
- Jurist im Kirchendienst
- Träger des Vaterländischen Verdienstordens in Gold
- Träger des Sterns der Völkerfreundschaft
- Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit
- Person des Christentums (DDR)
- CDU-Funktionär (DDR)
- Mitglied der Christlichen Friedenskonferenz
- Abgeordneter der Volkskammer
- Leutnant (Heer der Wehrmacht)
- DDR-Bürger
- Deutscher
- Geboren 1911
- Gestorben 1981
- Mann
- Person (Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen)